Ersthelfer dürfen im Unternehmen nicht fehlen

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) und ihre Träger erhalten durch § 14 ff. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) vielfältige Aufgaben.
Diese dienen primär der Unfallverhütung und der Sicherheit am Arbeitsplatz. So verlangt § 23 Absatz 2 SGB VII, dass die Träger der Unfallversicherung für die Aus- und Fortbildung betrieblicher Ersthelfer sorgen.
Doch was macht einen Ersthelfer im Betrieb eigentlich aus? Der vorliegende Ratgeber beantwortet diese Frage und liefert einen umfangreichen Überblick zur Thematik. Hier erfahren Sie, welche Gesetzesgrundlagen die Bestellung und Ausbildung der Ersthelfer bestimmen. Darüber hinaus kommt es zum Einblick in den Ausbildungsablauf und es wird geklärt, welche Erste-Hilfe-Mittel im Betrieb vorliegen müssen. Nicht zuletzt wird der Unterschied zum Betriebssanitäter aufgezeigt.
Inhalte
Das macht betriebliche Ersthelfer aus
In keinem Betrieb können Arbeitsunfälle völlig ausgeschlossen werden. Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen dazu, dass ein Mitarbeiter verunfallt, darf die anschließende Meldung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft nicht vergessen werden. Doch bevor es dazu kommt, hat die Erstversorgung des Verletzten höchste Priorität. Und hier kommt der betriebliche Ersthelfer zum Einsatz.
In Bezug auf die Planung und Umsetzung von Erste-Hilfe-Maßnahmen steht ein betrieblicher Ersthelfer in der Regel nicht alleine da.

So ist oft ein Betriebsarzt vorhanden, an den sich die bestellten Helfer wenden können. Ansonsten muss auch die Fachkraft für Arbeitssicherheit Unterstützung leisten, wenn es der Ersthelfer wünscht.
Ein betrieblicher Ersthelfer sollte der Pflicht, die ihm auferlegt wurde, stets gewissenhaft nachkommen. Aber auch das zuständige Unternehmen darf in Bezug auf Ausbildung und Bestellung nicht fahrlässig agieren.
Andernfalls können sich unangenehme rechtliche Konsequenzen ergeben, wobei ein Verwarnungsgeld oder eine Geldbuße bei leichten Vernachlässigungen drohen.
Ersthelfer im Betrieb: Die Rechtsgrundlage
Als Gesetzesgrundlage für viele Vorgaben, die Betriebsersthelfer betreffen, dient die sogenannte „DGUV Vorschrift 1“. Diese zählt zu den Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften (BGV), die Unfallverhütungsvorschriften für alle Branchen erlassen. An die darin enthaltenen Vorgaben müssen sich sämtliche Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Deutschland halten.
Die DGUV-Vorschrift 1 enthält die „Grundsätze der Prävention“ und gilt deshalb allgemeinhin als die wichtigste BGV. Im Sinne der Unfallverhütungsmaßnahmen werden darin
- Pflichten der Unternehmer,
- Pflichten der Versicherten,
- der betriebliche Arbeitsschutz,
- Ordnungswidrigkeiten und
- die Möglichkeiten der Aufhebung von Unfallverhütungsvorschriften behandelt.
Wie viele Ersthelfer müssen im Betrieb vorhanden sein?

Das vierte Kapitel, welches die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes regelt, enthält die wichtigsten Vorgaben zum Ersthelfer im Betrieb.
Als Gesetz sind die Vorschriften darin von allen in Unternehmen tätigen Personen anzuerkennen und umzusetzen. So auch § 26 des Abschnitts, der sich mit der „Zahl und Ausbildung der Ersthelfer“ beschäftigt.
Höhere Quoten werden in Hochschulen sowie in Produktions- und Handwerksbetrieben verlangt. Dort müssen zehn Prozent der Beschäftigten zertifiziert dafür sein, Erste-Hilfe-Maßnahmen zu leisten. Bei Kindertageseinrichtungen gilt sogar: Pro Kindergruppe ist ein betrieblicher Ersthelfer bereitzustellen.
Bei der Zahl der Mitarbeiter muss eines jedoch beachtet werden: Es zählen nur die, welche gleichzeitig auf dem Betriebsgelände, der Baustelle oder in den Arbeitsräumen tätig sind. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Ein Handelsbetrieb hat 200 Beschäftigte. Es sind jedoch nie mehr als 100 Mitarbeiter gleichzeitig anwesend. Entsprechend der Fünf-Prozent-Vorgabe für diese Branche sind in diesem Fall fünf anwesende Ersthelfer ausreichend.
Nur in bestimmten Fällen greift eine festgelegte Ausnahmeregelung:
Von der Zahl der Ersthelfer nach Nummer 2 kann im Einvernehmen mit dem Unfallversicherungsträger unter Berücksichtigung der Organisation des betrieblichen Rettungswesens und der Gefährdung abgewichen werden.”

Es muss also zu einer Verständigung mit der zuständigen Berufsgenossenschaft kommen, wenn eine klare Abweichung von der Regel angestrebt wird.
Eine Garantie für die entsprechende Erlaubnis gibt es aber nicht. Anhand der bestehenden Gefährdungen und dem Rettungswesen wird der verantwortliche Träger der Unfallversicherung hier abwägen, ob eine Ausnahme zulässig ist.
Die Ausbildung zum Ersthelfer und ihre Gültigkeit
Soweit ist klar: Der Arbeitgeber besitzt in puncto betriebliche Ersthelfer die Pflicht, für deren Anwesenheit und ausreiche Anzahl zu sorgen. Entsprechend muss er sich laut § 26 Absatz 2 DGUV-Vorschrift 1 auch um die Ausbildung der entsprechenden Personen kümmern. Es steht geschrieben:
Der Unternehmer darf als Ersthelfer nur Personen einsetzen, die bei einer von dem Unfallversicherungsträger für die Ausbildung zur Ersten Hilfe ermächtigten Stelle ausgebildet worden sind oder über eine sanitätsdienstliche/rettungsdienstliche Ausbildung oder eine abgeschlossene Ausbildung in einem Beruf des Gesundheitswesens verfügen.”
Für gewöhnlich erfolgt die Ausbildung in einem neunstündigen Erste-Hilfe-Kurs. Dieser darf nur von einer Stelle durchgeführt werden, welche von der zuständigen Berufsgenossenschaft für die Schulung zugelassen wurde. Besteht bereits eine Sanitäts- bzw. Rettungsdienstausbildung, ist die Teilnahme an dem Seminar nicht mehr notwendig. Das gilt auch für Angehörige von Berufsgruppen, in denen solche Erste-Hilfe-Kurse Bestandteil der Ausbildungspraxis sind. Aber auch hier muss die Schulung von einer ermächtigten Stelle durchgeführt worden sein.
Dabei geht es in der Schulung nicht um die Verwendung von Hilfsmitteln wie medizinische Geräte, Krankentragen oder die Verabreichung von Medikamenten. Denn die Nutzung dieser Mittel fällt nicht in den Aufgabenbereich des Ersthelfers. Auch der Umgang mit Gefahrstoffen im Sinne der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) erfordert besondere Maßnahmen, die ein Ersthelfer im Betrieb für gewöhnlich nicht durchführen muss.
Weiterhin ist darauf zu achten, dass sich Erste-Hilfe-Kurse von denen unterscheiden, die Führerscheinanwärter im Sinne von § 19 Absatz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) absolvieren müssen.

Letztere werden nicht anerkannt, wenn es um die Aus- oder Fortbildung vom Ersthelfer im Betrieb geht.
Regelmäßige Fortbildung muss sein
Neben der Grundausbildung muss ein betrieblicher Ersthelfer regelmäßig eine Auffrischung vornehmen lassen. So steht in § 26 Absatz 3 DGUV-Vorschrift 1:
Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Ersthelfer in der Regel in Zeitabständen von zwei Jahren fortgebildet werden. Für die Fortbildung gilt Absatz 2 entsprechend.”
Auch für die Fortbildung muss an einem neunstündigen Erste-Hilfe-Training teilgenommen werden, welches von einer autorisierten Person geführt wird. Dabei besteht jedoch die Möglichkeit, dass mehre Trainingseinheiten innerhalb des zweijährigen Rhythmus gestaffelt stattfinden. Es besteht also kein Zwang dazu, den neun Stunden umfassenden Stoffumfang auf einmal zu absolvieren.
Doch spätestens, wenn die Zweijahresfrist überschritten wird, muss ein betrieblicher Ersthelfer alle fehlenden Trainingseinheiten nachholen. Erste-Hilfe-Kurse, die der Fortbildung dienen, können wie bei der „Grundausbildung“ entfallen, wenn Personen mit sanitätsdienstlichem und rettungsdienstlichem Hintergrund vergleichbare Veranstaltungen bereits besucht haben.
Inhalt der Ersthelfer-Schulung
Der Erste-Hilfe Kurs, den betriebliche Ersthelfer sowohl zur Grundausbildung als auch zu Fortbildung absolvieren müssen, enthält bestimmte Lernziele. So müssen Teilnehmer im Nachhinein mitunter dazu in der Lage sein,
- einen Notruf abzusetzen,
- eine Unfallstelle abzusichern,
- psychische Betreuung zu leisten,
- Maßnahmen zum Wärmeerhalt durchzuführen,
- Herz-Lungen-Wiederbelebung einzuleiten,
- die stabile Seitenlage einzurichten sowie
- gefährliche Blutungen zu erkennen und die richtigen Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

So unterteilen sich die einzelnen Lektionen in theoretische und praktische Teile. Zunächst wird das nötige Wissen durch anwesende Ausbilder vermittelt und demonstriert. Anschließend kommt es zu praktischen Übungen der Teilnehmer unter Verwendung zielgruppenorientierter Beispielsituationen. In diesen Abschnitten des Lehrgangs wird beispielsweise die Rettung aus einem Gefahrenbereich simuliert, das Anlegen eines Druckverbands trainiert und eine Wiederbelebung nachempfunden.
Diese Änderungen beruhen auf einigen wissenschaftlichen Studien und zeigen, dass sich eine hohe Fülle an Themen langfristig negativ auf die Verfügbarkeit der Kenntnisse auswirkt. Entsprechend kam es zu Vereinfachungen in einigen Themenbereichen, wie beispielsweise der Reanimation. Die Umsetzung der Anpassungen erfolgte mit der Zustimmung der Unfallversicherungsträger und der Bundesgemeinschaft Erste Hilfe.
Erste-Hilfe-Mittel im Unternehmen
Für die Sicherheit am Arbeitsplatz ist nicht nur eine ausreichende Anzahl betrieblicher Ersthelfer entscheidend. So gibt es eine Technische Regel für Arbeitsstätten, die sich speziell mit Erste-Hilfe-Räumen und den dazugehörigen Mitteln beschäftigt. Die Vorgaben in der „ASR A4.3“ müssen von allen Unternehmen befolgt werden. Andernfalls können auffallende Missstände Auflagen und Bußgelder nach sich ziehen.
Damit ein betrieblicher Ersthelfer auf einer Baustelle, im Büro oder in anderen Arbeitsumgebungen zügig auf Wunden reagieren kann, müssen notwendige Erste-Hilfe-Materialien vorhanden sein.

Diese werden in dafür geeigneten Verhältnissen wie Verbandskästen, Rucksäcken und Schränken aufbewahrt. Die Mindestanzahl der Verbandsbehältnisse richtet sich sowohl nach der Betriebsart als auch nach der Zahl der Beschäftigten.
So reicht bei einem Verwaltungsbetrieb mit 50 Mitarbeitern ein kleiner Verbandskasten, der an einem fest vereinbarten Ort aufzufinden ist. Doch bei 51 bis 300 Beschäftigten sehen die Vorgaben wieder anders aus.
In diesem Fall muss der Technischen Regel folgend schon ein großer Verbandskasten vorhanden sein. Der Unterschied zwischen beiden ist aber eigentlich gar nicht so groß.
- Kleiner Verbandskasten: Dieser enthält eine festgelegte Anzahl an Hilfsmitteln, die der Wundbehandlung und Rettung dienlich sind. Dazu gehören unter anderem Heftpflaster, ein Verbandpäckchen, Kompressen, eine Rettungsdecke, eine Schere und medizinische Einmalhandschuhe.
- Großer Verbandskasten: Der Inhalt des großen Verbandkastens gleicht seinem kleinen Gegenstück. Er bietet nur, mit wenigen Ausnahmen, die doppelte Anzahl an Hilfsmitteln. So enthält er beispielsweise nicht ein Verbandpäckchen, sondern zwei, nicht sechs Kompressen, sondern zwölf usw.
In Bezug auf die Verbandsbehälter besteht trotz der Vorgaben der ASR A4.3 eine gewisse Flexibilität. Soll der Ersthelfer im Betrieb beispielsweise Zugriff auf einen großen Verbandskasten haben, ist es auch in Ordnung, wenn stattdessen zwei kleine Kästen bereitgestellt werden. Sind Helfer im Außendienst tätig, sind zudem Kfz-Verbandskästen als Ersatz für kleine Kästen erlaubt.
Auch bei der Verteilung der einzelnen Behälter hat der Ausschuss für Arbeitsstätten klare Vorgaben definiert. So gilt: Verbandskästen müssen innerhalb einer Arbeitsstätte so verteilt werden, dass sie nie mehr als 100 Meter Wegstrecke von ständigen Arbeitsplätzen entfernt sind. Akzeptiert wird auch eine Entfernung von einer Geschosshöhe. Liegen gefährliche Arbeitsbedingungen vor, müssen die Behälter grundsätzlich in der Nähe positioniert werden.
Erste-Hilfe-Räume

Zwar fordert die DGUV-Vorschrift 1 Ersthelfer für jedes Unternehmen, Erste-Hilfe-Räume müssen aber nicht in jedem Fall vorhanden sein. Unternehmer müssen diese nur bereitstellen, wenn
- es im Betrieb mehr als 1000 Beschäftigte gibt oder
- besondere Unfall- bzw. Gesundheitsgefahren in Betrieben mit mehr als 100 Beschäftigten bestehen.
Liegen besondere Gefahrsituationen vor, können laut der ASR A4.3 auch weitere Räumlichkeiten und zusätzliche Ausstattung erforderlich sein. Dabei sind auch temporäre Einrichtungen wie Erste-Hilfe-Container zulässig, wenn Arbeitsstätten nur vorübergehend genutzt werden sollen.
Liegt nach den oben genannten Kriterien eine Pflicht für einen speziellen Raum vor, sollte dieser möglichst im Erdgeschoss des Unternehmensgebäudes liegen. Das sorgt dafür, dass dieser auch mit einer Krankentrage leicht zu erreichen ist. Außerdem ist auf eine ausreichende Größe der Räumlichkeit zu achten: 20 Quadratmeter sollten mindestens vorhanden sein.
Der Aushang als Hilfe für den Ersthelfer
Der durch die Unfallversicherungsträger herausgegebene Aushang „Erste Hilfe“ muss an geeigneten Stellen innerhalb der Arbeitsstätte angebracht werden. Auf diesen sind mitunter Hinweise zu Erste-Hilfe-Tätigkeiten, die einem Ersthelfer nützen. Der Aushang ersetzt dabei jedoch keine Aus- oder Fortbildung.
Er kann jedoch dem Ersthelfer im Betrieb als Gedankenstütze dienen. Denn neben den fünf W-Fragen, die beim Notruf wichtig sind, enthält er bildlich dargestellte Hinweise zum richtigen Umgang mit einer verletzen und möglicherweise bewusstlosen Person.
Der Unterschied zum Betriebssanitäter

Immer wieder kommt es vor, dass die Position, die ein betrieblicher Ersthelfer einnimmt, mit der eines Betriebssanitäters verwechselt wird. Denn trotz unterschiedlicher Ausbildungswege und Tätigkeiten liegen doch einige Gemeinsamkeiten vor.
Auch ein Betriebssanitäter versorgt Personen, die am Arbeitsplatz erkrankt sind oder sich verletzt haben, bis der Rettungsdienst oder der Notdienst eintrifft.
Seine Ausbildung ist jedoch deutlich umfangreicher als die des Ersthelfers. So besitzen Betriebssanitäter theoretische und praktische Kenntnisse, die es ihnen im Bereich der Notfallmedizin ermöglichen, medizinische Geräte zu bedienen. Dadurch sind sie mitunter dazu in der Lage, Betriebs- und Notärzten bei der Erstversorgung zu assistieren.
Damit ein Betriebssanitäter die nötigen Kenntnisse für seine Tätigkeiten erwerben kann, muss er einen 63-stündigen Grundlehrgang und einen 32-stündigen Aufbaulehrgang abschließen. Hinzu kommt, dass es spätestens nach drei Jahren zu einer geeigneten Fortbildung kommen muss. Doch in welchen Betrieben sind Betriebssanitäter eigentlich vorgeschrieben? Auch hierbei ist die Anzahl der versicherten Mitarbeiter entscheidend. Mindestens ein solcher Sanitäter ist erforderlich, wenn
- 1500 versicherte Beschäftigte im Unternehmen tätig sind.
- 100 versicherte Beschäftigte auf einer Baustelle arbeiten.
- 250 versicherte Beschäftigte angestellt sind und eine hohe Unfallgefahr herrscht.
Ein großer Vorteil des Betriebssanitäter ist es, dass er in der Regel jederzeit erreichbar ist. So soll er in der Lage sein, jeden Einsatzort auf einem Betriebsgelände in kurzer Zeit zu erreichen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass Unternehmer versuchen, den Kosten aus dem Weg zu gehen, die der Betriebssanitäter mit sich bringt.
Doch dieser ist weitaus mehr als nur ein „Upgrade zum Ersthelfer“. Denn neben den Fähigkeiten, die ihn in Notfallsituationen auszeichnen, ist auch seine Kontroll-Funktion erwähnenswert. Er ist zusätzlich dafür verantwortlich, dass Erste-Hilfe-Mittel und -Räume gewartet und überprüft werden. So kommt es nicht gar nicht erst zu Missständen, die negative Konsequenzen nach sich ziehen können.
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